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Digitalisierung

Wie spreche ich mit einer KI: Ein Leitfaden für multiprofessionelle Teams in Schulen

Björn Schriewer
#KI#Künstliche Intelligenz#Prompting#Multiprofessionelle Teams#Digitalisierung#Schulalltag
Symbolbild: Kommunikation mit KI im Schulkontext

Wie spreche ich mit einer KI: Ein Leitfaden für multiprofessionelle Teams in Schulen

Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug in den schulischen Alltag und bietet enorme Potenziale, um Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeitende und weitere pädagogische Fachkräfte zu unterstützen. Im Zentrum der effektiven Nutzung von KI-Systemen, wie beispielsweise großen Sprachmodellen (LLMs) wie Chat GPT, steht das „Prompting“ – die Fähigkeit, klare und zielführende Eingabeaufforderungen zu formulieren. Ein gut gestalteter Prompt kann den Unterschied machen, ob eine KI wertvolle Unterstützung bei der Dokumentation, der Unterrichtsvorbereitung oder der Erstellung von Förderplänen bietet oder lediglich allgemeine und wenig hilfreiche Antworten liefert.

Dieser Artikel dient als praktischer Leitfaden, um Fähigkeiten im Prompting gezielt für den Schulkontext zu entwickeln. Es wird erklärt, was Prompting bedeutet und warum es eine wichtige Kompetenz für multiprofessionelle Teams in Schulen darstellt. Die hier vorgestellten Empfehlungen basieren auf den aktuellen Erkenntnissen führender KI-Anbieter. Ziel ist es, praxisnahes Wissen zu vermitteln, damit KI-Modelle souverän und ergebnisorientiert im anspruchsvollen Berufsalltag eingesetzt werden können.

Die Grundlagen verstehen: Wie KI Anfragen interpretiert

Um das Potenzial von KI voll auszuschöpfen, ist ein Grundverständnis ihrer Funktionsweise hilfreich. LLMs sind hoch entwickelte Systeme, die anhand riesiger Textmengen gelernt haben, Muster zu erkennen. Etwas vereinfacht dargestellt erstellen sie Antworten, indem sie auf Basis der Eingabe die wahrscheinlichste Abfolge von Wörtern vorhersagen.

Es ist wichtig zu unterscheiden: Allgemeine KI-Chatbots haben keinen Zugriff auf spezifische, interne Daten einer Schule oder Einrichtung. Einige der hier genannten Beispiele, insbesondere solche, die sich auf individuelle Schülerinformationen beziehen, setzen voraus, dass ein KI-System verwendet wird, das speziell für den Bildungsbereich entwickelt wurde und sicher auf einen geschützten, internen Wissensspeicher (z.B. digitalisierte Notizen oder Dokumentationen innerhalb der Schule) zugreifen kann. Solche Systeme, oft als wissensbasierte KI-Systeme oder erweiterte Sprachmodelle bezeichnet, nutzen häufig fortschrittliche Technologien, um ihre Fähigkeiten zur Informationsgenerierung zu verbessern. Eine dieser Schlüsseltechnologien ist die Retrieval-Augmented Generation (RAG). RAG-Systeme sind darauf ausgelegt, ihre Antworten nicht nur auf intern trainiertem Wissen zu basieren, sondern auch auf spezifische und kontextrelevante Informationen, die sie in Echtzeit aus Wissensquellen abrufen.

Dies geschieht typischerweise in mehreren Schritten: Zunächst analysiert das System die Benutzeranfrage, um relevante Schlüsselwörter oder Konzepte zu identifizieren. Anschließend wird ein Retrieval-Modul aktiviert, das in großen Datenbanken, Dokumentensammlungen oder dem Internet nach passenden Informationen sucht. Diese abgerufenen Informationen werden dann dem Generierungsmodul (oft ein großes Sprachmodell) zur Verfügung gestellt. Das Generierungsmodul verwendet diese zusätzlichen Informationen, um eine präzisere, fundiertere und kontextuell relevantere Antwort zu formulieren, als es allein mit seinem vortrainierten Wissen möglich wäre.

Der Vorteil von RAG liegt in der Fähigkeit, Halluzinationen zu reduzieren und die Aktualität und Genauigkeit der generierten Inhalte erheblich zu steigern. Anstatt allgemeine oder möglicherweise veraltete Informationen zu liefern, können diese Systeme auf spezifische, überprüfbare Fakten verweisen. Dies ist besonders nützlich in Anwendungsbereichen, wo Präzision und Verlässlichkeit entscheidend sind, wie zum Beispiel in der medizinischen Diagnostik, in der Rechtsberatung oder eben im Bildungsbereich.

Ein weiteres wichtiges Konzept bei allen LLMs ist das Kontextfenster: Man kann es sich als das Kurzzeitgedächtnis der KI vorstellen. Es hat eine begrenzte Kapazität, was bedeutet, dass bei sehr langen Anfragen oder ausufernden Dialogen frühere Informationen verloren gehen können. Daher sind prägnante und gut strukturierte Prompts oft effektiver.

Die Herausforderung beim Prompting besteht darin, die oft komplexe pädagogische Absicht so zu formulieren, dass die KI sie präzise umsetzen kann, da sie Sprache wörtlich nimmt und nicht über menschliches Alltagsverständnis oder die Fähigkeit zum „Zwischen-den-Zeilen-Lesen“ verfügt, es sei denn, sie wird explizit dazu angeleitet.

Säulen effektiven Promptings: Allgemeine Erfolgsprinzipien für den Schulalltag

Einige grundlegende Prinzipien sind entscheidend für eine erfolgreiche Nutzung von KI-Systemen:

A. Klarheit und Spezifität:

Anliegen sollten so klar und präzise wie möglich formuliert werden.

B. Ausreichend Kontext bereitstellen:

Der KI relevante Hintergrundinformationen zu geben, hilft ihr, die Anfrage im richtigen Rahmen zu verstehen.

C. Das gewünschte Ergebnis definieren: Format, Ton, Länge, Rolle

Der KI mitzuteilen, wie die Ausgabe aussehen soll, ist entscheidend.

D. Die Macht der Anweisungen: Die KI Schritt für Schritt führen

Bei komplexeren Aufgaben, wie der Vorbereitung eines Elterngesprächs, hilft es, die KI durch Teilschritte zu leiten.

Diese Prinzipien sind universell und werden von den meisten KI-Anbietern empfohlen.

Tabelle 1: Grundprinzipien effektiven Promptings im Schulkontext

(Hinweis: Einige Beispiele setzen KI-Systeme voraus, die auf spezifische schulinterne Daten zugreifen können.)

PrinzipErklärung (Warum es wichtig ist)Beispiel für den Schulalltag
KlarheitKI interpretiert wörtlich; Mehrdeutigkeit führt zu unvorhersehbaren Ergebnissen.”Formuliere drei offene Fragen zum Thema ‘Wetter’ für eine Diskussionsrunde in Klasse 2.”
SpezifitätPräzise Details helfen der KI, den Fokus zu finden und relevante Informationen zu liefern.(Ohne interne Daten): “Beschreibe typische Konfliktlösungsstrategien von Grundschulkindern.” (Mit internen Daten): “Liste Beobachtungen zum Umgang von Schülerin Anna Schulze mit Konflikten in der Gruppe während der letzten Projektwoche auf. Erstelle eine dazu passende Liste mit möglichen Konfliktlösungsstrategien.”
KontextHintergrundinformationen ermöglichen es der KI, die Anfrage im richtigen Rahmen zu verstehen.”Als Klassenlehrer einer 5. Klasse, möchte ich eine E-Mail an die Eltern bezüglich des bevorstehenden Wandertages entwerfen.”
Output-DefinitionGenaue Angaben zu Format, Ton, Länge etc. steuern die Präsentation der Antwort.”Erstelle eine Stichpunktliste mit fünf Spielideen für die Regenpause für Grundschüler. Ton: motivierend.”
Klare AnweisungenSchritt-für-Schritt-Anleitungen verbessern die Ergebnisse bei komplexen Aufgaben.(Ohne interne Daten): “1. Erkläre die Phasen des Schriftspracherwerbs. 2. Leite daraus mögliche Schwierigkeiten für Leseanfänger ab.” (Mit internen Daten): “1. Fasse die Notizen zu Tims Leseentwicklung zusammen. 2. Identifiziere daraus einen Förderschwerpunkt.”

Datenschutz im Fokus: Unerlässlich beim KI-Einsatz in der Schule

Der Einsatz von KI im schulischen Umfeld erfordert höchste Sensibilität im Umgang mit personenbezogenen Daten. Frei zugängliche und allgemein nutzbare KI-Chatbots großer internationaler Anbieter dürfen unter keinen Umständen mit personenbezogenen Daten von Schülerinnen und Schülern, Eltern oder Kolleginnen und Kollegen gespeist werden. Die Eingabe solcher Daten in diese Systeme stellt einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar und birgt erhebliche rechtliche Risiken. Diese allgemeinen KI-Modelle speichern und verarbeiten eingegebene Daten oft auf Servern außerhalb der EU und nutzen sie möglicherweise zum Training ihrer Modelle, was die Vertraulichkeit und Sicherheit sensibler Informationen gefährdet.

Für den schulischen Kontext werden daher spezialisierte KI-Lösungen benötigt. Diese Systeme setzen auf geschlossene Datenräume, sichere Verarbeitung innerhalb der EU und gewährleisten, dass sensible Informationen geschützt bleiben und nicht für andere Zwecke verwendet werden. Bei der Auswahl und Nutzung von KI-Tools im Schulalltag muss der Datenschutz stets oberste Priorität haben. Es ist ratsam, sich genau über die Funktionsweise und die Datenschutzbestimmungen der jeweiligen Anwendung zu informieren und im Zweifel Rücksprache mit dem Datenschutzbeauftragten der Schule oder des Trägers zu halten.

Einblicke von den Vorreitern: Was KI-Entwickler raten

Entwickler von KI-Modellen wie OpenAI (ChatGPT), Google AI (Gemini) und Anthropic (Claude) geben ähnliche Ratschläge: Klarheit, Kontext, Definition des gewünschten Outputs und schrittweises Verfeinern (Iteration) sind entscheidend. OpenAI betont oft das “Zeigen durch Beispiele” und das Anweisen des Modells, “Schritt für Schritt zu denken”. Anthropic hebt das Zuweisen einer Rolle hervor (“Role Prompting”). Diese übergreifenden Empfehlungen sind auch für die Nutzung von spezialisierten KI-Assistenten im Bildungsbereich relevant, immer unter Beachtung der oben genannten Datenschutzprinzipien.

Fortgeschrittene Strategien für komplexe Aufgaben im Schulalltag

Mit etwas Übung lassen sich auch komplexere Anliegen mit KI bearbeiten:

A. Rollenspiel (Persona Prompting)

Der KI eine Rolle zuzuweisen, kann Ton und Inhalt anpassen.

B. Chain-of-Thought (CoT) / Schrittweises Denken

Die KI wird aufgefordert, ihre Denkprozesse offenzulegen.

C. Iterative Verfeinerung: Die Kunst der Verbesserung

Der erste Prompt ist selten perfekt. Prompts sollten getestet, analysiert und angepasst werden, bis das Ergebnis den Erwartungen entspricht. Dies ist besonders nützlich beim Entwurf von allgemeinen Textbausteinen für Zeugnisformulierungen oder Elternbriefen, die dann individuell angepasst werden können.

Tabelle 2: Vergleich fortgeschrittener Prompting-Techniken für die Schule

TechnikKurzbeschreibungWann einsetzen? (Beispiele für schulische Aufgaben)
Rollenspiel (Persona)KI nimmt eine spezifische Rolle oder Persönlichkeit an.Entwurf von Texten aus einer bestimmten pädagogischen Perspektive; Simulation von Gesprächssituationen.
Chain-of-Thought (CoT)KI wird angewiesen, schrittweise zu denken oder ihre Argumentation darzulegen.Analyse komplexer Fallbeispiele; Entwicklung von Lösungsstrategien für allgemeine pädagogische Herausforderungen.
Iterative VerfeinerungZyklisches Testen, Analysieren und Anpassen von Prompts.Optimierung von Entwürfen für allgemeine Vorlagen (Förderpläne, Elternkommunikation, Berichte), die individualisiert werden müssen.

Häufige Fallstricke navigieren: Was für bessere Ergebnisse zu vermeiden ist

Folgende typische Fehlerquellen sollten beachtet werden:

Tabelle 3: Häufige Fallstricke beim Prompting im Schulkontext und deren Lösungen

FallstrickWarum es ein Problem ist (Auswirkung auf KI-Output)Wie beheben/vermeiden? (Handlungsempfehlung für den Schulalltag)
Vagheit/MehrdeutigkeitFührt zu generischen, ungenauen oder irrelevanten Antworten.Spezifische Formulierungen verwenden: “Entwirf drei Diskussionsfragen zum Thema Cybermobbing für eine 9. Klasse.” statt “Infos zu Cybermobbing.”
Übermäßig komplexer PromptKI kann verwirrt werden; einige Anweisungen werden möglicherweise ignoriert.Komplexe Aufgaben (z.B. Unterrichtsplanung) in kleinere, logische Schritte aufteilen.
Suggestivfragen/BiasLenkt die KI zu einer voreingenommenen Antwort; untergräbt Objektivität.Anfragen neutral formulieren, z.B. “Welche pädagogischen Ansätze gibt es zur Förderung von sozial-emotionalen Kompetenzen?”
Annahme von VorwissenAllgemeine KI hat keinen Zugriff auf schulspezifisches Wissen ohne explizite Eingabe.Relevanten allgemeinen Kontext geben: “Schlage fächerübergreifende Projektideen zum Thema ‘Nachhaltigkeit’ für eine 2. Klasse vor.”
Ignorieren der IterationPotenziell gute Ergebnisse werden nicht erreicht, da nach ersten Versuchen aufgegeben wird.Prompts schrittweise verfeinern, z.B. bei der Entwicklung von Unterrichtsmethoden, bis sie überzeugen. -> der KI Hinweise geben, was sie besser machen kann.
Keine FormatangabeAusgabe erfolgt in einem unerwünschten oder unstrukturierten Format.Das Format spezifizieren: “Liste die Ergebnisse als Tabelle mit Spalten für ‘Methode’, ‘Material’, ‘Zeitbedarf’.”

Fazit: Der Weg zur effektiven und verantwortungsvollen KI-Nutzung im Schulteam

Die Fähigkeit, wirkungsvolle Prompts zu gestalten, ist ein wichtiger Schlüssel, um das Potenzial von KI für den anspruchsvollen Arbeitsalltag in der Schule zu erschließen. Dieser Leitfaden hat Prinzipien, Strategien und Lösungsansätze vorgestellt, um KI-Systeme als hilfreiche Assistenten für Dokumentation, Planung, Kommunikation und individuelle Förderung zu nutzen – stets unter der Prämisse eines verantwortungsvollen und datenschutzkonformen Einsatzes.

Es ist wichtig zu bedenken: Prompting ist ein Lernprozess. Mit jeder Anwendung und Anpassung von Anfragen wächst die Sicherheit und die Qualität der Ergebnisse. Die menschliche Expertise – pädagogisches Fachwissen, die Fähigkeit, Ziele zu definieren und Ergebnisse kritisch zu bewerten – bleibt dabei unersetzlich. Effektives Prompting ist die Schnittstelle, an der menschliche Intelligenz und Erfahrung die künstliche Intelligenz lenkt, um Fachkräfte im multiprofessionellen Team bestmöglich zu unterstützen und Freiräume für die direkte pädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu schaffen.

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